In ihrer Verzweiflung über die Besessenheit ihres Fünfjährigen, alles zu erklimmen, flunkerten die Eltern von Hamish Mcarthur bei seinem Alter, um ihn in die örtliche Kletterhalle zu bekommen. Sie suchten nach einem sicheren Ventil, nicht nach einem Karriereweg, doch er ist seiner seine Liebe zum Klettern nie entwachsen, auch nicht, als er zu seiner 1,80 m großen Gestalt heranwuchs. „Ich liebe das Klettern, weil man keinem bestimmten Körpertyp entsprechen muss“, sagt er. „Beim Klettern geht es darum, seinen Körper effektiv einzusetzen, und zwar in einem Stil, der zu einem passt. Das bedeutet, man muss eine Menge Probleme lösen.“ Von regionalen bis hin zu nationalen Wettkämpfen avancierte Hamish schnell zum Wunderkind und wurde im Alter von 12 Jahren gar als jüngstes Mitglied des Teams Großbritannien zu internationalen Jugendwettbewerben berufen. Doch der Erfolgsdruck, das Wunderkind zu sein, das es zu schlagen gilt, setzte seinen Fähigkeiten eine ungebetene Grenze: Nachdem er jahrelang alles gewonnen hatte, wofür er angetreten war, musste Hamish auf dem Parcours des internationalen Jugendweltcups plötzlich feststellen, dass er nicht über den vierten Platz hinauskam. „Mir war nicht klar, wie ich durchbrechen und gewinnen konnte, dass ich nicht mehr defensiv klettern musste, damit ich nicht falle, sondern wie ich an die Spitze kam.“ Dann stoppte COVID-19 alles. Ein Jahr lang gab es keinerlei Wettkämpfe. Es gab keinen Druck von außen. Es machte keinen Sinn, zu klettern, es sei denn, er wollte es. Nach dem Abschluss der High School und dem Ende von Prüfungen, Hausarbeiten oder Ablenkungen begann der neunzehnjährige Hamish einfach für sich selbst zu klettern. „Das fühlt sich verrückt an. Es fühlt sich nicht so an, als ob sich etwas in mir verändert hat, und doch hat sich gerade durch diese Zeit fernab von Wettkämpfen so viel verändert.“ Im September 2021 kehrte er aus dem Pandemie-Lockdown zurück und nahm an seinen letzten Jugendweltmeisterschaften teil. Obwohl Hamish noch nie an einem Boulder-Weltcup teilgenommen hatte, gewann er sowohl die Disziplin Bouldern als auch das Leadklettern. Nur wenige Wochen später stand er auch bei den Weltmeisterschaften für die Senioren auf dem Siegerpodest. Jetzt hat er sich das Ziel gesetzt, bei den Olympischen Spielen 2024 und 2028 Goldmedaillen im Klettern zu gewinnen. Wenn er nicht gerade seine sechs Trainingseinheiten pro Woche absolviert, beschäftigt sich Hamish mit existenzieller Philosophie, um seine Lebensperspektive nicht aus den Augen zu verlieren, und entspannt sich beim Kochen, Schachspielen und Skateboardfahren.

Erfolge

• 2021 Jugendweltmeister, Bouldern (IFSC-Jugendweltmeisterschaften)
• 2021 Jugendweltmeister, Leadklettern (IFSC-Jugendweltmeisterschaften)
• 2021 Dritter Platz, Leadklettern der Männer (IFSC-Seniorenweltmeisterschaften)
• 2021 8b-Boulder-Flash
• 2019 2 x 9a-Route