Nach dem großen Erdbeben im Osten Japans im Jahr 2011 ließ sich eine kleine Gruppe japanischer Architekten trotz des riesigen Ausmaßes der Katastrophe nicht abhalten, etwas zu tun. Sie entwarfen eine Vielzahl winziger Gemeinschaftshäuser, die auf die jeweiligen Menschen zugeschnitten waren, die dorthin vertrieben wurden. Sie nannten ihre Bewegung "Home for All", ein zu Hause für alle. Sie halfen Hunderten von Menschen, die nicht in ihre Heimat zurückkehren konnten, wieder nach vorne zu schauen. Dabei wurde ihre persönliche Einstellung zu Design radikal verändert. Diese Geschichte erinnert uns, dass alles was wir gestalten, uns selbst formt. Ein wunderschöner Impuls, der durch Zusammenarbeit erzeugt wird. Hohe Wellen, die in alle Richtungen schlagen.
Bei Arc’teryx arbeiten Designer, Perfektionisten, Macher und Outdoorfreaks. In den folgenden Geschichten wollen wir Menschen in den Mittelpunkt stellen, die sich schwierigen Problemen stellen und Chancen durch Design und Entwicklung schaffen.
Es ist an der Zeit, an mehr als an Produkte zu denken, anzupacken und die Welt zu inspirieren.
Design ist unser Weg in die Zukunft. Macht es zu eurem.
"Michiko Okano arbeitete seit sechs Jahren als Architektin unter Toyo Ito, einem der einflussreichsten japanischen Designer. Sie war ein aufsteigender Stern am Architektenhimmel. Dann musste sie mit ansehen, wie Gebäude, die bis dahin der Ausdruck ihrer Kreativität waren, zu gefährlichen Waffen wurden. Der Tsunami, der durch das große Erdbeben im Osten Japans im Jahr 2011 ausgelöst wurde, hob Gebäude aus ihrer Verankerung, riss sie auseinander, verwandelte ganze Gemeinden in Schutt und Asche. Nachdem das Wasser zurückgegangen war, wanderten Überlebende zwischen den Wracks umher. Sie fanden Autos, die auf Dächern gestrandet waren, Bäume, die um Strommasten gewickelt waren, Teile ihrer Badezimmerziegel in der ganzen Nachbarschaft verstreut und Uhren, die für immer auf 15:33 Uhr stehen blieben.
Zwei Monate nach dem Erdbeben besuchte Michiko die Region Tohoku. Der nordöstliche Küstenabschnitt der japanischen Hauptinsel hat das Meiste von der bis heute kostspieligsten Naturkatastrophe der Geschichte abbekommen. Die Verwüstung vor Ort erschütterte sie.
Es musste etwas geben, was sie tun konnte.
An einem schneereichen 11. März 2011 fing die Erde um 14.46 Uhr plötzlich an zu beben. Hiroshi Shirakawas Haus wurde volle sechs Minuten lang durchgeschüttelt. In 72 Jahren hatte er noch nie etwas so Intensives erlebt. Später würde die Welt erfahren, dass das Erdbeben eine Stärke von 9,1 auf der Richterskala hatte. Seine Wucht verschob Japans Hauptinsel Honshu 2,4 Meter nach Osten und die Erde um bis zu 25 Zentimeter auf ihrer Achse. Dabei wurden seismische Wellen erzeugt, durch die antarktische Eisschelfe wegbrachen sowie Infraschallwellen, die man im Weltall messen konnte. Es war mehr als riesig: Die Größe des Erdbebens überstieg die Messgrenze der japanischen Seismografen, was bedeutete, dass viele Notfallmeldungen des automatischen Tsunami-Warnsystems Japans verzögert oder ungenau waren.
In seinem bebendem Haus, in der kleinen Fischergemeinde Oya mit Blick auf den Pazifik, wusste Shirakawa genau, was als Nächstes passieren würde. Er wuchs als Fischer in 15. Generation auf und hatte viele Geschichten seines Vaters und Großvaters über die riesigen Tsunamis der Vergangenheit gehört. Schon als kleines Kind war er oft in die Höhe geflohen. Daher brauchte er keine Nachricht von der Regierung, um zu wissen, was zu tun war. Er hatte nur keine Ahnung, wie groß das war, was auf ihn zukommen würde.
Auf dem Hügel über Oya befindet sich ein eigenartiges, rosafarbenes, betoniertes Gebäude, das Rias Ark Museum of Art. Das Gebäude wurde zwar durch das Erdbeben beschädigt, bot aber durch seine erhöhte Lage Schutz vor dem anrollenden Tsunami. Auf das Erdbeben folgten 30 Minuten Nachbeben darauf der Tsunami, der gegen 15:25 Uhr brach. Fünf Minuten später erreichte die größte Welle die Stadt. Vom Dach des Museums aus beobachteten die Mitarbeiter die Wassermassen, die hereinströmten. Weiße Rauch- und Staubschwaden von eingestürzten Häusern stiegen in den Himmel. Die Mitarbeiter des Museums versprachen sich noch vor Ort als Augenzeugen dieses Desasters, die Katastrophe zu dokumentieren. In den darauffolgenden zwei Jahren würden sie 30.000 Fotos machen und 250 Artefakte sammeln.
Es ist unwirklich, acht Jahre später durch diese wiederaufgebauten Gemeinden zu fahren, mit den Vorher-Nachher-Bildern im Kopf. Es gab viele konstruktive Design-Reaktionen auf das Erdbeben.
An manchen Orten haben sich riesige Berge von Schutt aufgetürmt. Daraus entstanden fünfzehn elf Meter hohe Hügel, die als Müllhalde, Gedenkstätte und zukünftiges Refugium dienen. Diese Trümmerberge waren inspiriert von der unglaublichen Geschichte von drei Überlebenden, die sich verzweifelt auf einen kleinen zehn Meter hohen Buckel hinter ihrem Haus retteten, als dieses vom Tsunami überrannt wurde. Die "Millennium Hope Hills" wurden Verteidigungslinien konzipiert. Sie sollen eine Fluchtmöglichkeit für Menschen bei zukünftigen Katastrophen sein, eine Art sicherer Hafen mit Verzögerungstaktik. Denn an den Hügeln pflanzten Hunderten von Freiwilligen elf Baumarten, die in zwanzig Jahren als ausgewachsener Wald die Wucht eines Tsunamis abschwächen sollen. Das Ziel ist es nicht, die Natur zu bekämpfen, sondern ihre Kräfte anzuerkennen und den Menschen etwas mehr Zeit für die Evakuierung zu verschaffen.
Herr Shirakawa verlor an diesem Tag alles - sein Zuhause, Familienschätze, Fotos, eine Nichte, Gemeinschaft. Er rettete sich und seine Familie sowie eine ältere Dame im Huckepack auf einen Hügel. Nachdem die Erde aufhörte zu beben, zog sich das Wasser zurück. Ein unheimlicher Anblick, wie es aus dem Hafen verschwand, vorbei an der Hafenmauer, den kleinen Booten, den Algenfeldern. Weit außerhalb der Sichtweite sammelte der Tsunami Kraft, saugte den Ozean und Teile des Meeresbodens in seinen Schlund und rollte als riesige, schwarze Welle Minuten später über das Land.
Die japanische Regierung hat eine Soforthilfe von mobilen Containern für Menschen, die ihre Häuser verloren haben. Den Überlebenden des Tsunamis war nicht bewusst, dass sie mehrere Jahre in diesen Übergangshäusern wohnen würden. Über zig Kilometer entlang der gesamte Küste wurden diese Container aufgestellt, um die 250.000 zerstörten Häuser vorläufig zu ersetzen.
Der Architekt Toyo Ito hatte eine Idee. Er wollte seinen Tribe, die Architekten des Landes, dazu anstiften, eine Antwort auf die schreckliche Katastrophe zu entwerfen. Klar konnte man nicht alle Probleme lösen. Erst recht nicht, wenn man sich das Ausmaß des Unglücks in Fukushima ansah. Aber da den Menschen alles genommen wurde und sie keine Möglichkeit mehr hatten, zusammenzukommen, gab es ein Bedürfnis, das Toyo lösen könnte. Er wollte Gemeinschaftshäuser entwerfen, an denen sich alle treffen konnten. So entstand das Projekt "Home for All" - ein zu Hause für alle.
Astrid Klein von Klein Dytham Architects hatte schon vor 30 Jahren mit Toyo Ito gearbeitet, als sie nach Japan kam.
Klein, heute in der Geschäftsführung von "Home for All" erklärt, dass japanische Häuser normalerweise sehr einfach sind. Traditionell hält man sich nicht so lange zu Hause auf. Will man Unterhaltung oder etwas unternehmen, geht man in ein Restaurant oder an öffentliche Plätze. All das war nach dem Tsunami zerstört. Es gab nur Lager, eine Ansammlung von vorübergehenden Containern - alles funktionell mit wenig Platz. "Emotional gesehen, hilft das den Menschen nicht weiter. Gerade in schlimmen Zeiten brauchen sich die Menschen gegenseitig, wollen sich in den Arm nehmen, über das Geschehene sprechen und sich eben nicht allein fühlen", sagt Klein.
Genau zu diesem Zweck wurde "Home for All" geschaffen. Orte, an denen sich Menschen gegenseitig aufbauen können, nachdem ihr komplettes Leben um sie herum buchstäblich in sich zusammengefallen war.
Als Toyo Ito seine Mitarbeiter und Kollegen über das Projekt informierte und sie einlud mitzumachen, hob Michiko Okano sofort ihre Hand. Hier gab es etwas für sie zu tun.
Das Projekt würde außerhalb ihrer Arbeitszeit laufen, zusätzlich zu ihrem normalen Job. Sie bekam die Gemeinde Iwanuma zugeteilt. 5.428 Häuser wurden zerstört, 736 komplett weggespült. Die Leute waren zuerst ziemlich misstrauisch darüber, dass eine Designerin von außerhalb mit irgendwelchen ausgefallenen Ideen kommen würde. Aber Michiko blieb dran, befragte die Leute, traf sich mit ihnen, wollte wissen, welche Materialien sie zum Aufbau nehmen wollten. An den Wochenenden half beim Reisanbau mit.
Die Bauern vor Ort wollten einen Platz, um ihr Gemüse zu verkaufen. Michiko hatte noch keine Erfahrung im Design von traditioneller Wagoya Architektur. Ihr Ziel war es, einen Raum zu gestalten, der Gemütlichkeit und Sicherheit ausstrahlte. Die Menschen sollten sich wohlfühlen, wie in ihren alten Häusern. Es sollte ein traditionelles japanische Bauernhaus aus Holz, natürlichen Materialien und natürlichem Licht werden. Jede noch so kleine Informationen, die sie von den Menschen vor Ort bekam, floss in ihr geistiges Konzept ein, aus dem das "minna-no-ie", das zu Hause für alle, entstehen sollte.
Als sie an dem besagten Tag im Büro die Hand hob, wusste sie noch nicht, wohin sie das führen würde.
"Ich war geschockt", erinnert sich Okano an die unmittelbaren Folgen der Katastrophe. "Ich denke, dass mich Home for All gerettet hat. Jeder hat Freunde, Familie und Häuser verloren, wurde verletzt, aber irgendwie kam die menschliche Stärke unter den Überlebenden zum Vorschein. Auch ich habe gelernt, stark zu sein."
Seit Michiko sich für Home for All engagierte, hat sich ihre Herangehensweise als Architektin verändert. "Bis zum Tsunami dachte ich, Architektur sei etwas, das man macht, um den Menschen Hoffnung zu geben. Aber Architektur kann Menschen verletzen. Die Trümmer wurden zu gefährlichen Waffen."
Sie hatte einen sehr modernen Stil, bei dem das Innere vom Äußeren strikt getrennt war: Fenster zu, Klimaanlage an. "Jetzt möchte ich Komfort schaffen, ohne innen und außen so stark zu trennen."
Auch wenn es nicht so erscheint, Mauern bieten nicht so viel Schutz vor Katastrophen wie ein starkes Gemeinschaftsgefühl und ein Leben im Einklang mit der Natur. "Die Architektur hat viel Potenzial, um Gemeinschaften zu schaffen. Sie kann Menschen Räume bieten, an denen sie sich täglich treffen und eine Gemeinschaft aufbauen können. Andere Menschen, Verbundenheit und Freunde sind bei einer Katastrophe viel hilfreicher."
Michiko und ihre Kollegen krempelten die Ärmel hoch und entwarfen Gebäude, um den Wiederaufbau von Gemeinden in ganz Japan zu fördern. Durch ihre Arbeit für Home for All wurden ihnen bewusst, dass wir alle ein Teil der Natur sind. Die Erkenntnis wurde auf brutale Art und Weise ausgelöst. Die Antwort, die sie entwickelten, war eine willkommene Wiederherstellung von Verbundenheit. Verbundenheit mit anderen Menschen und mit der Natur.
Unterstützt das Team von "Home for All" zusammen mit uns bei ihren Projekten in Tokoku und Kumamoto.
Am 9. Oktober spendet Arc'teryx 100 % des Verkaufserlöses auf www.arcteryx.com an das Projekt "Home for All"
Jetzt spendenInspiriert von Bergziegen und dem Wunsch, Menschen zu helfen, hat sich ein Industriedesigner mit einem beinamputierten Kletterer zu einer außergewöhnlichen Allianz zusammengetan.
Neugierde und modernste Robotertechnik schaffen eine Möglichkeit, den Müll aufzuräumen, der hoch über uns im All schwebt.
Arc'teryx bringt seine Expertise in Sachen Isolation und extreme Bedingungen in einem globalen UNICEF Hilfsprojekt in der Mongolei ein.