KÜNSTLER
Ein Kunstlehrer verriet Ivan Le Pays einmal einen Geheimtrick, um eine Szene detailliert zu zerlegen - zu schrumpfen. Durch das Verengen der Augen verschwimmen Details und Komplexität. Es erscheinen nur noch Umrisse und grobe Formen. Der in Nantes geborene und in Paris lebende Künstler hat seit jenem Kunstunterricht in seiner Kindheit einen anspruchsvollen und gefragten Stil entwickelt, der veranschaulicht, was die Zen-Meister wussten: Einfachheit ist das ultimative Ziel der Meister. Er war besessen von Architektur. So folgte er nach seinem Studium in Industriedesign als 22-Jähriger den Verlockungen der chinesischen Megastadt und ging an die University of Fine Arts nach Shanghai. Dort organisierte er mehrere Gruppenausstellungen, absolvierte seinen Master in Anthropologie und Design und entdeckte den menschlichen Körper auch als eine Form von Architektur. Für Ivan, der sieben Jahre lang Chinesisch studierte, ist die Welt voller Bilder, die darauf warten, in Symbole verwandelt zu werden. Seine charakteristischen geometrischen Formen, die er in einzigartigen Tattoos zum Ausdruck bringt, zerlegen Landschaften und Stadtbilder in elegante Ideogramme. Eine ähnliche Art und Weise, wie frühe chinesische Schriftzeichen eine Idee zu einer Zeichnung erzeugten. Das Buch und der Film „Tatouage Sauvage“ dokumentieren seine Reise nach Alaska. Dort verwandelte er die riesige, wilde Landschaft in Tattoos, die er Freunden in den windgepeitschten, von Insekten übersäten Umgebungen stach und die so zur dauerhaften Erinnerung wurden. Für sein Tattoo-Postkarten-Projekt hat er mehr als 1000 Menschen tätowiert und sie dazu eingeladen, einen wichtigen Ort in ihrem Leben auf die Haut zu stechen. Seine Begeisterung für eine schöne Linie hat sich in eine Sucht verwandelt, Menschen beim Klettern zu beobachten. Er plant ins Yosemite in Kalifornien zurückzukehren, um das Spiel der Linien in den Felsen zu analysieren. Zur Zeit wohnt er in dem von Künstlern geführten Wonder/Fortin Atelier in Clichy und schafft Skulpturen aus ausgedienten Möbeln, die er in den Straßen von Paris sammelt. Seine Beziehung zu Landschaften kommt durch die Entdeckung des Kletterns zustande. Durch die Bewegung des Körpers und die Ausgewogenheit seiner Gesten bringt er die Praxis des Kletterns mit der Malerei in Verbindung. Diese Beziehung kommt in seinem Dokumentarfilm A Line Alone mit Ashima Shiraishi (2023) zum Ausdruck.
Erfolge
- Master-Abschlüsse in Anthropologie und Design, University of Fine Arts, Schanghai (2014–2016)
- Reiste nach Alaska, um seine Freunde in der Wildnis zu tätowieren: „Tatouage Sauvage“ (2018)
- Veröffentlichte ein erstes Buch über seine Reise in Alaska (2018)
- Organisierte „Tatouage Solidaire“ in Paris (2019), um Gelder für die Ausbildung von Migrantenköchen zur Integration zu sammeln
- Veröffentlichte sein zweites Buch „Tattoo Postcard“ im Selbstverlag: 100 Porträts und Geschichten von Menschen, die er tätowiert hat (2020)
- Drehte seinen zweiten Dokumentarfilm „A Line Alone“ mit Ashima Shiraishi (2023)
- Erste Ausstellung in New York in der 81 Leonard Gallery (2023)